Pressetext
Der Michael Werner Kunsthandel freut sich, die Ausstellung „Georg Baselitz – Bild und Zeichnung“ anzukündigen und in Köln eine Auswahl hervorragender und in dieser Form lange nicht gezeigter Arbeiten der späten 1970er bis frühen 1990er präsentieren zu können.
Im Zentrum stehen das Diptychon „Akt und Flasche“ (1977) und das Quadriptychon „Birnbaum 1“ (1978), zwei Hauptwerke, wie sie in dieser Qualität sonst nur in musealen Sammlungen zu finden sind. Großformatige Papierarbeiten sowie eine Serie von 22 Kohlezeichnungen der späten 1980er Jahre demonstrieren eindrucksvoll, dass dieses Medium für Georg Baselitz nicht als bloße Vorlage zum Bild dient, sondern er hier vor allem neue und radikale Bildformen erprobt.
In der allgemeinen Wahrnehmung wird der Künstler vor allem mit der Motivumkehr in Verbindung gebracht, eine gleichermaßen öffentlichkeitswirksame wie meist unverstandene Methode. „Wenn man aufhört, am Finger zu saugen und Motive zu erfinden, aber trotzdem Bilder malen will, dann ist die Motivumkehr die naheliegendste Möglichkeit […] das Bild ist für mich ein autonomer Gegenstand, es ist autark […].“ (Georg Baselitz im Gespräch mit Walter Grasskamp, 1984) Um seine Bilder von Assoziations- und Interpretationswegen zu isolieren, stellte er die uns gewohnte und erlernte Wahrnehmung auf den Kopf. Er selbst sprach von notwendigen Disharmonien und Brüchen als Kreativprinzip seiner Arbeit.
„Birnbaum 1“ (1978) zeigt dies exemplarisch: Die Darstellung eines Baumes bietet zahlreiche Deutungsmöglichkeiten, ein Birnbaum umso mehr, da die Ballade Theodor Fontanes unweigerlich mitschwingt. Die Betonung des rein malerischen Wertes wird zusätzlich durch die serielle Reihung des Quadriptychons unterstützt und die organischen Formen des Baums verwandeln sich in rein malerische Strukturen. Ähnlich ist dies bei dem Diptychon „Akt und Flasche“ (1977) zu bewerten. Sowohl Akt als auch Stillleben sind klassische Motive der Kunstgeschichte, doch schon die Verbindung als Diptychon irritiert alle Erwartungen. Die unnatürliche und jeglichen Darstellungskonventionen widersprechende Haltung der Figur vergegenständlicht gewissermaßen den menschlichen Körper und stellt ihn in formale Korrespondenz zur Flasche des rechten Bildteils.
Seit über 50 Jahren leistet Georg Baselitz einen der wesentlichsten künstlerischen Beiträge zur deutschen Nachkriegskunst und hinterfragt, angetrieben vom produktiven Zweifel, die lähmende Grenzziehung zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit. Seiner Werkgruppe der „Helden“ und „Neuen Typen“ wurde aktuell im Frankfurter Städel Museum eine umfassende Einzelausstellung gewidmet.