Pressetext
„Ich reagiere wie ein Seismograph auf Druck, Zwänge, Fremdbestimmung, Unrecht, aber auch auf Hoffnungen, Sehnsucht und Vorstellungen: Ich reagiere als Maler. (…) Im Malakt passiert alles, vom Variieren, Durchspielen, vom Abstossen alles Sentimentalen bis zum Grundlegenden, Konzeptuellen. Meine Kunst ist nicht fesch, sie ist notwendige Malerei, politisch nicht nur durch die gegenständliche Aussage, sondern auch durch die malerische Realisation.“ (Jörg Immendorff im Gespräch mit Jörg Huber, 1983)
Den Auftakt der ersten Jahresausstellung des Michael Werner Kunsthandels bildet eine Einzelpräsentation überwiegend großformatiger Werke Jörg Immendorffs, die zwischen 1980 und 1989 entstanden. Große Bekanntheit erlangte der Künstler mit dem Café Deutschland-Zyklus, einer Serie monumentaler Bilder (1977- 1983), die die deutsch-deutsche Teilung thematisieren. Immendorff schuf mit diesem Zyklus moderne Histo riengemälde und sorgte mit der Wiederbelebung eines ganzen Genres für heftige Kontroversen. Mitte bis Ende der 1960er Jahre hatte er bereits mit den LIDL-Aktionen im Rheinland nicht nur das politische Establishment, sondern auch Kunst- und Kulturschaffende mit einer grundsätzlichen Infragestellung des Kunstbegriffs provoziert. 1976 traf Immendorff dann auf den in der DDR lebenden Künstlerkollegen A.R. Penck, mit dem er ab diesem Zeitpunkt ein künstlerisches Kollektiv bildete. Durch die Teilung Deutschlands und die somit be grenzten Möglichkeiten fand der Austausch vorwiegend auf gedanklicher und künstlerischer Ebene statt.
Immendorff entwickelte früh eine ganz eigene Bildsprache mit stets wiederkehrenden, politischen Symbolen. Es sind u. a. Motive wie der Adler, die Eisscholle, die fünfarmigen Sterne oder das Brandenburger Tor, mit denen er immer wieder auf die gesellschaftspolitische Situation jener Zeit verwies. Im Fokus der Ausstellung steht die aus sechs Teilen bestehende "Naht-Quadriga" von 1981, ein zentrales Werk, das nach 10 Jahren nun zum ersten Mal wieder in einer Schau gezeigt wird.
Jörg Immendorff wurde 1945 in der Nähe von Lüneburg geboren. Von 1963 – 64 studierte er für kurze Zeit Bühnenkunst an der Kunstakademie Düsseldorf, 1964 folgte die Aufnahme in die Klasse von Joseph Beuys. Am 28. Mai 2007 verstarb der Künstler in Düsseldorf nach langer Krankheit, doch bis zuletzt arbeitete er unermüdlich an seinem Werk. Jörg Immendorff zählt zu den bedeutendsten Vertretern deutscher Nachkriegskunst. Seine Werke sind Bestandteil zahlreicher internationaler Sammlungen.
Anfang Februar erscheint der zweite Band der Werkverzeichnisses der Gemälde. (“Jörg Immendorff. Werkverzeichnis Gemälde / Catalogue Raisonné Paintings. Band II 1984 – 1998 / Volume II 1984 – 1998“, hrsg. von Siegfried Gohr, Köln: Walther König, 2018).