Pressetext
Vom 6. September bis zum 19. Oktober 2002 zeigt die Galerie Michael Werner die beiden Monumentalskulpturen „Ascension“ und „Composition“ (1929 bzw. ´33) sowie die „Sculpture Architecturale“ (1934/35) von Otto Freundlich. In einer einzigartigen Zusammenschau sind damit Freundlichs wichtigste Plastiken vereinigt.
Mit „Ascension“ – Aufstieg oder Auffahrt – schuf Freundlich 1929 eine abstrakte Plastik zu einer Zeit, in der die Figuration in der Plastik dominierte. Das Werk ist aus in sich abgeschlossenen Elementen mit rhythmisch-dynamischem Aufbau komponiert: Über einer Basis entfalten und verdichten sich die an- und abschwellenden Elemente und entwickeln sich schließlich zu einer aufsteigenden Spirale, die in einer kopfähnlichen, raumbeherrschenden Synthese endet. In dieser spannungsreichen vertikalen Bewegung wirken kleinere Formen dicht und stark, die größeren scheinen hingegen zu schweben und die Erdanziehungskraft (optisch) zu überwinden. Die ungeglätteten Oberflächen der Skulptur – das „Leben der Oberfläche“ – zeigen, wie Freundlich es selber ausdrückte, "den Grad der Vollendung der Arbeit“. Günter Aust, der sich schon 1960 um die gebührende Anerkennung von Freundlichs Oeuvre bemühte, und Prof. Dr. Joachim Heusinger von Waldegg (Staatliche Akademie der Bildenden Künste, Karlsruhe) halten „Ascension“ für den Gipfel-, bzw. den ersten Höhepunkt in Freundlichs skulpturalem Werk.
Den anderen Höhepunkt in Freundlichs Oeuvre sieht Heusinger von Waldegg in „Composition“, der zweiten von uns ausgestellten Monumentalskulptur. Hier haben die kantigeren, geometrischeren Formen, die gegenüber „Ascension“ an Anzahl reduziert sind, bereits einen quasi-architektonischen, fast statischen Charakter. Wie bei „Ascension“ sind auch bei „Composition“ drei Zonen, nämlich ein Sockel, eine steil aufragende Mittelzone und ein Oberteil zu unterscheiden, die ein Wechselspiel aus stehenden und hängenden Massen eingehen. Das Ergebnis dieses Spiels ist eine an frühgeschichtliche Monumente, Stelen oder Idole gemahnende Form.
Freundlichs dritte Plastik aus unserer Ausstellung, „Sculpture Architecturale“ von 1934/35, ist nicht mehr organhaft. Hier geht es vielmehr um die architektonische Beherrschung des Raumes, der von einem Obelisken dominiert wird.
Mit der Ausstellung der drei Skulpturen erweist die Galerie Michael Werner nicht nur dem von den Nationalsozialisten als „entartet“ verfemten, verfolgten und 1943 im Alter von 64 Jahren in dem Konzentrationslager Llublin-Majdanek ermordeten Künstler, sondern vor allem auch dem fortschrittlichen Avantgarden Otto Freundlich Reverenz.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.